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Podcast-Episode #13: Die Helden des DAX

Delivery Hero gehört (noch) nicht in den DAX.

Episode vom 25.08.2020

Mit dieser Podcast-Episode nehmen wir eine klare Position zur Wahl von Delivery Hero als Ersatz für Wirecard im DAX Index ein. Dies leiten wir her und liefern die notwendige Begründung. Wir kritisieren die Entscheidung der DAX Kommission, mahnen aber auch die Rolle des Deutschen Aktieninstitut an. Dieses hat zwar keine Entscheidungsgewalt, hätte sich aber positionieren können, damit mit Vernunft entschieden und nicht einer Mode gefolgt wird.

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Heute ist der 25. August 2020 und Tag 2 der Mitgliedschaft von Delivery Hero im DAX Index.

 

Auch wenn sich schon einige mit dem Thema Delivery Hero und dessen Aufnahme in den DAX Index beschäftigt haben, möchte ich meine Meinung dazu äußern und das Versagen des Indexanbieters herleiten. Aber nicht nur der Indexanbieter versagt einmal mehr, sondern auch das Deutsche Aktieninstitut, welches den Anspruch hat, die Creme de la Creme der deutschen Wirtschaft und Banken in seinem 80-köpfigen Vorstand zu haben.  Beide Institutionen scheinen gar kein Interesse daran zu haben, dass sich in Deutschland eine Investitionskultur entwickelt, in der sich die Sparer durch Aktienkäufe an Deutschen wie internationalen Unternehmen beteiligen.

 

Dass die DAX-Kommission sich für Delivery Hero als Neuzugang im DAX entschieden hat, muss man wohl als eine Art Verzweiflungstat verstehen. Es wird versucht aus einem Land, dessen digitale Innovationsfähigkeiten bisher begrenzt sind, auf Krampf ein Unternehmen hervorzuheben, welches Anzeichen von Digital Tech liefert.  Das erinnert an die ebenfalls krampfhaften Zeiten als die Deutsche Börse den Neuen Markt aus dem Boden stampfte und die regulären Handelszeiten bis 20:00h erweiterte. Was aus dem Neuen Markt geworden ist, wissen hoffentlich noch viele als mahnendes Beispiel. Viele Bürger hatte darauf vertraut, dass ein solcher Markt solide sei und man in diese Unternehmen investieren könne. Das Gegenteil war der Fall. Unternehmen, die nie zuvor und auch zu keinem späteren Zeitpunkt zu versteuernde Gewinne erzielt haben, wurden mit horrenden Bewertungen versehen. Die Deutsche Börse wird jetzt einwenden, dass sie für die Bewertung von Unternehmen nicht verantwortlich ist.  Ich halte dagegen, da es sogenannte Listing Standards gibt und eine Börse ein Listing im geregelten Markt ablehnen kann.

 

Die Börse eines Landes ist eine ihrer wichtigsten Visitenkarten. Mit Visitenkarten sollte man vorsichtig und umsichtig umgehen und Investment ist kein Spiel. Kauft man eine Aktie, beteiligt man sich an dem Unternehmen. Das macht man für Jahre und nicht aus einer Laune heraus. Der Kapitalmarkt einer offenen Volkswirtschaft dient nicht der Unterhaltung und ist kein Kaffeeklatsch. Er hat den Zweck, die knappe Ressource Kapital effizient (also sinnvoll) zu verteilen. Neudeutsch nennt sich das Crowd Financing. Unternehmen und Staaten müssen sich um das Kapital der Investoren bewerben. Dafür bedarf es hoher Standards. Eine Börse ist nichts anderes, als eine Jahrhunderte alte Crowd Financing Platform. Im Interesse der Wettbewerbsfähigkeit eines Landes (auch um den Wettbewerb internationalen Kapitals), kommt einer Börse mit hohen Standards und hohen ethischen Werten entsprechend größte Bedeutung zu.

 

Bei der Wahl Delivery Hero als Ersatz für Wirecard auf die Visitenkarte zu nehmen, haben die Entscheider vergessen oder ignoriert, welche hohe Bedeutung die Börse für ein Land und dessen Unternehmen hat. Betrachtet man frühere Aktionen, kann man sogar den Eindruck bekommen, dass die Entscheider diesen Sachverhalt noch nie gewusst bzw. verstanden haben.

 

Natürlich hat die Deutsche Börse für die Zusammensetzung der 30 DAX Werte Regeln. Eine solche ist die 35/35 Regel. Das auszuwählende Unternehmen sollte zu den 35 größten Unternehmen in Bezug auf den Börsenwert gehören und zu den 35 meist gehandelten Aktien ausgedrückt in EURO Handelsvolumen.

 

Delivery Hero steht aktuell an Stelle 27 der größten Unternehmen nach Börsenwert und an Stelle 33 in Bezug auf die gehandelten Aktien. Damit erfüllt Delivery Hero die 35/35 Regel aktuell. Ob das so bleiben wird, ist aber ungewiss. Das Geschäftsmodell von Delivery Hero hat das Unternehmen zu einem Corona Krisengewinner gemacht. Ob die 35/35 Regel ohne die Corona Krise erfüllt wäre, ist mindestens in Frage zu stellen. Wenn alle zu Hause bleiben müssen, liegt es nahe, Restaurantessen nach Hause zu bestellen. Wie aber sieht es nach der Corona Krise aus? Bleiben dann immer noch alle zu Hause? Schauen wir uns die Bilder unserer Innenstadtplätze an, sieht es anders aus. Zusätzlich muss man sich die Frage nach den Eintrittsbarrieren dieser Dienstleistung stellen. Die Kombination aus einer App / Internetseite, einer Restaurantliste und einem Logistiksystem scheint nicht so kompliziert zu sein, als dass neuer Wettbewerb ausbleiben wird. Am Ende der Corona Krise kann es also mehr Wettbewerb geben, der versuchen wird, die weniger gewordenen Kunden für sich zu gewinnen. Was das für die Preise einer Dienstleistung bedeutet, kann wohl jeder nachvollziehen. Auch hat Delivery Hero bis heute keine Gewinne erzielt und traut man den Analysen der Investmentbanken, kann zumindest für die kommenden 2 Jahre kein Gewinn erwartet werden.

 

Welche Alternative hätte die DAX Kommission gehabt? Sie hätten sich für das Unternehmen Symrise aus dem infrastrukturell vollkommen abgeschlagenen Holzminden entscheiden können. Trotz seiner einsamen Lage in Holzminden ist Symrise ein Weltmarktführer in der Herstellung von Geschmacks- und Geruchsstoffen. Für die Herstellung von Konsumgütern sind solche Geschmacks- und Geruchsstoffe von höchster Bedeutung. Da deren Kostenanteil für die Herstellung der Konsumgüter in der Regel unbedeutend gering ist, haben Hersteller von Geschmacks- und Geruchsstoffen eine recht hohe Preisstabilität ihrer Produkte. Außerdem ist fortlaufende Innovation in vielerlei Hinsicht gefragt und die Anzahl der Kunden ist schlicht riesig und für Neueinsteiger schwer zu erfassen. In Summe also ein Geschäft mit recht hohen Markteintrittsbarrieren, stabiler Kundenbasis und solider Preisdurchsetzungskraft. Das Unternehmen Symrise ist 2003 aus der Fusion der Unternehmen DRAGOCO und Haarmann & Reimer entstanden. Während das Unternehmen Haarmann & Reimer im Jahr 1874 gegründet wurde, ist das Unternehmen DRAGOCO mit einer Gründung im Jahr 1919 geradezu ein Startup. Übrigens erwirtschaftet das Unternehmen Symrise zu versteuernde Gewinne.

 

Bezogen auf die 35/35 Regel gehört Symrise nach Börsenwert zu den 25. größten Unternehmen in Deutschland. Bezogen auf das Handelsvolumen aber nur an der Stelle 38, also knapp verfehlt. Der Unterschied ist allerdings, dass Symrise kein Krisengewinner ist und dadurch kein besonderes Augenmerkt erhalten hat, womit die Börsenumsätze gestiegen wären.

 

Wo ist die Vernunft der Entscheider, wo ist der Gedanke an die Visitenkarte, wo ist das Verständnis für die Struktur einer Volkswirtschaft? Wenn die deutsche Unternehmens-landschaft große Unternehmen hat, die eine hohe Innovationskraft und eine weltmarktführende Position innehaben, ist es für mich unverständlich, warum man Delivery Hero gewählt hat und nicht Symrise.

 

Vielleicht ist Delivery Hero irgendwann etwas für den DAX Index, aber noch nicht heute.

 

Die DAX Kommission hat dem deutschen Kapitalmarkt mit ihrer Entscheidung wahrscheinlich einen Bärendienst geleistet und die Struktur des Index einmal mehr geschwächt.

 

Kritik ist aber auch am Deutschen Aktieninstitut zu üben.

In der Satzung des Deutschen Aktieninstitut ist unter § 2 Abs  1 zu lesen:

„Zweck des Vereins ist es, die Position Deutschlands als Standort für Finanzdienstleistungen im internationalen Wettbewerb zu stärken, zur Weiterentwicklung der maßgeblichen Rahmenbedingungen beizutragen und die Unternehmensfinanzierung in Deutschland zu verbessern, insbesondere die Aktie und andere Instrumente der Unternehmensfinanzierung im Interesse einer verbesserten Kapitalbasis der Unternehmen und einer breiteren Eigentumsstreuung zu fördern und die Standortfaktoren für Finanzdienstleistungen zu optimieren.“

 

Diesen Teil des Vereinszwecks hat das Deutsche Akteninstitut meiner Ansicht nach noch nie sichtbar erfüllt.

 

Friedrich Merz hat Anfang 2019 mal bei einem Kongress in Mannheim richtig gesagt: „Millionen von Deutschen arbeiten für Unternehmen, die sich im Besitz von Millionen von Ausländern befinden“. Das ist leider die nackte Tatsache.

 

Liebe DAX Kommission und liebes Deutsches Aktieninstitut. Wie soll es erreicht werden, dass die Deutschen nachhaltig in Aktien investieren und sich an Unternehmen beteiligen, wenn einer Mode und nicht dem Verstand gefolgt wird.

 

Dazu kommt, dass der DAX Index ein Performance Index ist, der die Kursentwicklung plus Dividende misst. Wie man ein Unternehmen aktiv in den DAX aufnehmen kann, welches noch nicht einmal dividendenfähig ist und dafür ein Unternehmen schmäht, welches dividendenfähig ist und seinen Aktionären seit Jahren eine Dividende zahlt, ist auch nicht nachvollziehbar.

 

Symrise wird auf die Mitgliedschaft im DAX verzichten können. Delivery Hero dagegen braucht jeden Cent und bekommt durch die Aufnahme in den DAX Gelder von ETFs ohne weitere Prüfung geschenkt. Eine effiziente Verteilung der knappen Ressource Kapital sieht anders aus.

 

Liebe Zuhörer, Ich würde mich freuen, wenn Sie meiner Meinung zu der Entscheidung Delivery Hero in den DAX aufzunehmen folgen und unserem Podcast eine positive Rezension geben.

 

Die Rangliste der börsennotierten Unternehmen finden Sie übrigens hier.

 

Da Aktienmärkte zumindest gefühlt immer weiter steigen, melde ich mich diese Woche auch noch mal zu den Kapitalmärkten.

 

Bis dahin wünsche ich Ihnen alles Gute und passen Sie auf sich und Ihr Geld auf.

Ihr Magnus von Schlieffen

Für Rückfragen stehen wir gerne zur Verfügung.

 

Herzlichst,

Ihr Team von Breidenbach von Schlieffen & Co.



HINWEIS:
Diese Podcastepisode und dessen Inhalt stellen keinerlei Handlungsempfehlung dar, sondern dienen lediglich der Information.


Über den Autor

Magnus v. Schlieffen hat mehr als 30 Jahre Erfahrung im Kapitalmarkt. Er war für verschiedene internationale Banken in leitenden Positionen in München, New York und Frankfurt tätig. Als ausgebildeter Volkswirt sind seine Schwerpunkte die Analyse von Kapitalmärkten und deren Anlageklassen, Regulierung, Nachhaltigkeit und die Analyse von Vermögensverwaltern, Fonds- und Investmentmanager. Er ist der Chief-Investment-Officer (CIO) von Breidenbach von Schlieffen & Co. und prägt so die Meinung des Hauses.

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