Die Furcht ist groß, was in Anbetracht der täglichen Meldungen wenig verwundert. Das Analysehaus Bank of America Merrill Lynch (BofA ML) fragt einmal pro Monat eine Vielzahl (mehr als 200) professioneller Vermögensverwalter nach deren Meinung zu vielen verschiedenen Fragen. Eine dieser Fragen ist, was Investoren für das größte Risiko halten. Die Antworten können aus einer Reihe von Vorschlägen sowie in Form eines Freitextes gegeben werden. Wir tragen seit Monaten in das freie Feld das Wort „Krieg“ ein, den wir uns natürlich nicht wünschen. Typische Antworten der anderen Befragten sind Handelskrieg, straffere Zentralbankpolitik (steigende Zinsen), politischer Populismus, Rezession in China, geopolitische Risiken, etc. In der Regel geben die meisten der Befragten über einen bestimmten Zeitraum die gleichen Antworten und meistens sind diese Antworten das Offensichtliche. Mit nur 2 Unterbrechungen ist die Antwort seit März 2018 der Handelskrieg. Sie werden sich wahrscheinlich sagen, dass Sie dieses Thema schon kennen. Das stimmt und ist genau der Grund, warum diese Fragen so wichtig sind. Wenn die Mehrzahl der befragten Investoren seit Monaten den Handelskrieg nennen, ist der erstens allgemein bekannt und zweitens in den Portfolios verarbeitet (diskontiert). Wenn sich also der Handelskrieg verstärkt, wird das kaum jemanden berühren. Wenn es zu einer Entspannung im Handelskrieg kommt, wird das entsprechend positiv aufgenommen.
1) Lieber Investor, wie hoch ist Deine Liquiditätsquote?
2) Lieber Investor, wie hoch ist Deine Aktienquote?
Eine hohe Liquiditätsquote (viel Kasse) und eine niedrige Aktienquote sprechen mindestens für Sorgen, wenn nicht sogar Angst. Eine niedrige Liquiditätsquote bedeutet analog wenig Sorgen und positive Erwartungen. Im historischen Vergleich konnten geringe Liquiditätsquoten im Frühjahr 2015 sowie im Januar 2018 verzeichnet werden. Beides waren Zeitpunkte, in dessen Folge Aktienmärkte deutlich fielen. Damit Aktienkurse steigen können, bedarf es eines Sorgenkorsetts. Die aktuelle Liquiditätsquote ist die höchste seit Ende 2016. Die Aktienquote ist die niedrigste seit der Finanzkrise 2008. Breidenbach von Schlieffen & Co. analysiert viele vermögensverwaltende Fonds und überprüft deren Aktien– und Liquiditätsquoten. Das sich daraus ergebende Bild ist identisch. Das Sorgenkorsett scheint stramm zu sitzen.
BofA Merrill Lynch veröffentlicht wöchentlich ihren Bull & Bear Indikator. Gemessen werden Handelsdaten, wie z.B. das gehandelte Volumen, die hauptsächliche Richtung (Kauf oder Verkauf), wie hoch die Absicherung seitens der Investoren ist, etc. Daraus berechnet BofA Merrill Lynch einen Indikator, der in einer Bandbreite von 0 bis ca. 10 steht. Über diesen Indikator hatten wir schon in früheren Blogs berichtet. Bei einem Stand von 8,0 oder höher ist der Markt in der Regel überkauft und für größere Korrekturen sehr anfällig. Es wird ein Verkaufssignal ausgelöst. Diesen Stand hatte der Index das letzte Mal Ende Januar 2018. In den folgenden 11 Monaten korrigierten Aktienkurse um mehr als 20%. Bei einem Stand von 2,0 oder tiefer ist die Stimmung mies, Investoren haben ihre Portfolios abgesichert, in Summe verkauft und Portfoliorisiken deutlich reduziert. Dieser Stand wurde am 3. Januar 2019 erreicht und zuletzt wieder am 5. September, also vor wenigen Wochen und hat seitdem diesen niedrigen Stand beibehalten.
Dieses liegt wahrscheinlich daran, dass die Masse der Investoren Angst vor einer Wiederholung des 4. Quartals 2018 hat.
Bei einem Vergleich der Positionierungen zwischen Ende September 2018 und Ende September 2019 ist festzustellen, dass sich diese Angst im gemessenen Verhalten der Investoren widerspiegelt.
Nachdem sich Investoren und Analysten Ende 2017 einig waren, dass die schöne Zeit noch weiter geht, haben sie die fallenden Kurse des Jahres 2018 genutzt, um zu kaufen. Wir nennen das „Hoffnung“.
Nach der kalten Dusche im 4. Quartal 2018 war die Einheitsmeinung, dass der Verlauf der Kurse volatil bleiben wird und steigende Kurse wurden entsprechend für Verkäufe genutzt. Manche nennen das „Gewinnmitnahmen“, wir nennen das Angstverhalten, denn Gewinne können diese Investoren nicht erzielt haben.
In unserem letzten Blog im Mai haben wir darauf hingewiesen, dass es für steigende Aktienkurse mehr Käufer als Verkäufer bedarf. Dieses gilt natürlich analog umgekehrt. Wenn also wegen einer schon sehr pessimistischen Einstellung die Positionierung vorsichtig ist, stellt sich die Frage woher die Überzahl der Verkäufer kommen soll. Ein Crash passiert immer nur dann, wenn alle gleichzeitig durch dasselbe Schlüsselloch wollen. Für Aktien scheint das wie oben erläutert unwahrscheinlich.
In Summe könnten wir an dieser Stelle auf den Blog vom Mai („Sell in May and go away“) verweisen, in dessen Zusammenfassung wir geschrieben hatten, dass eine größere Korrektur der Aktienmärkte unwahrscheinlich ist und man investiert bleiben sollte.
So einfach machen wir es uns und den Lesern dann doch nicht. Der Grund liegt darin, dass es unserer Meinung nach zu einer erheblichen Korrektur kommen kann, nur mit umgekehrtem Vorzeichen. Dieses werden wir in den beiden in den kommenden Tagen folgenden Blogs „FRIEDEN“ und „FLUCHT“ erläutern.
Für Rückfragen stehen wir gerne zur Verfügung.
Herzlichst,
Ihr Team von Breidenbach von Schlieffen & Co.
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